Optimales, gesundes Training für „Best Ager”
Trainingsempfehlungen in Büchern und Videos beziehen sich oft auf Menschen, die jünger als 30 Jahre alt sind. Wie aber sollten Menschen trainieren, die älter als 40, 50 oder sogar 60 Jahre sind, vor allem wenn sie nicht irgendwie trainieren, sondern konkrete Ziele erreichen wollen? Worauf sollten sie achten, wenn sie ihr eigenes Leistungsoptimum entwickeln wollen? Für viele dieser „Silver Athletes“ ist Gesundheit ein Kernziel. Wie müssen Silver Athletes trainieren, wenn sie ihre Gesundheit durch Training verbessern wollen? Und ist Training in dem Alter überhaupt noch gesund?
Stellenwert & Nutzen von Bewegung
Die Studienlage ist hier eindeutig. Regelmäßige körperliche Aktivität – bestehend aus Ausdauertraining wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen sowie gezieltem Krafttraining – ist nicht bloß einer, sondern der zentrale Baustein für die Erhaltung und Verbesserung der Gesamtgesundheit gerade für ältere Menschen. Wäre Sport ein Medikament, wäre es, was den Effekt auf ein langes Leben in Gesundheit angeht, allem überlegen, was die Medizinforschung bisher entwickeln konnte.
Unterschiede in der Trainingslehre für den Silver Athlete
Mit zunehmendem Alter unterliegen Sportlerinnen und Sportler physiologischen Veränderungen, die Einfluss auf die Trainingsplanung und -durchführung haben. Diese Anpassungen betreffen alle motorischen Hauptbeanspruchungsformen, also Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Während das Grundprinzip des progressiven Trainings auch für den Silver Athlete gilt, muss das Training stärker individualisiert, angepasst an längere Regenerationszeiten und geänderte Belastbarkeit, erfolgen.
1. Krafttraining
Veränderungen: Der altersbedingte Muskelschwund (Sarkopenie) und ein Rückgang der Maximalkraft sind gut dokumentiert. Auch die anabolen Hormonspiegel (z. B. Testosteron, Wachstumshormon) sinken mit zunehmendem Alter.
Anpassungen: Das Krafttraining sollte, anders als noch vor einigen Jahren propagiert, nicht nur mit geringen Lasten erfolgen. Für eine entsprechende Effektivität ist auch ein Training mit hohen Lasten sinnvoll. Um Verletzungen zu vermeiden ist eine gute Technik, ein gutes Aufwärmen und eine Trainingsplanung mit ausreichenden Pausen essenziell. Verschiedene Trainingsformen wie z.B. exzentrisches Training und eine Berücksichtigung von Trainingsinhalten, die eine Verbesserung wichtiger Funktionen im Alltag adressiert, sollten integriert werden. Dazu gehören z.B. die Kniebeuge mit Last oder auch das Tragen von schweren Gegenständen.
2. Ausdauertraining
Veränderungen: Die maximale Sauerstoffaufnahme und die kardiorespiratorische Leistungsfähigkeit nehmen mit dem Alter ab. Zudem verlängert sich die Erholungszeit nach intensiven Ausdauereinheiten.
Anpassungen: Ein moderates, aber regelmäßiges Ausdauertraining hilft, den Rückgang der Sauerstoffaufnahme abzufedern. Kurze Intervalleinheiten können weiterhin eingesetzt werden, jedoch in geringerer Häufigkeit und mit angepasster Intensität. Längere, moderate Einheiten verbessern die Grundlagenausdauer, ohne das Risiko von Überlastungen wesentlich zu erhöhen. Zudem ist es sinnvoll, zwischen verschiedenen Belastungsformen zu wechseln (z.B. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Walking, Skilanglauf, Rudern).
3. Schnelligkeit
Veränderungen: Schnelle Kraft- und Schnellkraftfähigkeiten lassen nach, da Nerv-Muskel-Interaktionen, Muskelfaserzusammensetzung und neuronale Ansteuerung beeinträchtigt werden.
Anpassungen: Kurze, technisch saubere Sprintübungen oder reaktive Sprungformen können erhalten bleiben, sind aber mit längeren Pausen und geringeren Umfängen durchzuführen. Wichtig ist eine gründliche Erwärmung, um Verletzungen vorzubeugen. Sprintstrecken müssen ggf. verkürzt werden (z.B. 60 Meter statt 100 Meter). Ggf. kann das schnelle Rennen auch zunächst unter Gewichtsentlastung (z.B. im Anti-Schwerkraft-Laufband „AlterG“) trainiert werden. Gelingt es alternden Athleten Schnelligkeitstraining wie z.B. Sprinttraining in den Trainingsplan zu integrieren, führt dieses häufig zu beeindruckenden (!) Trainingseffekten.
4. Beweglichkeit
Veränderungen: Die Gewebestrukturen werden weniger elastisch, die Gelenke unterliegen degenerativen Prozessen, und die allgemeine Range of Motion verringert sich.
Anpassungen: Ein deutlich höherer Stellenwert kommt regelmäßigem, aber sanftem Beweglichkeits- und Mobilitätstraining zu. Dynamische Mobilisierungsübungen vor dem Training und statisches Dehnen nach dem Training tragen dazu bei, die Bewegungsumfänge zu erhalten und Verletzungsrisiken zu reduzieren.
5. Koordination
Veränderungen: Mit zunehmendem Alter kann die neuromuskuläre Koordination nachlassen. Reaktionszeit, Gleichgewichtsfähigkeit und Feinmotorik unterliegen altersbedingten Veränderungen.
Anpassungen: Übungen zur Verbesserung von Gleichgewicht, Stabilität und Propriozeption werden ins Training integriert. Beispiele für sensomotorisches Training sind z.B. Einbeinstand auf instabilen Unterlagen, koordinative Parcours, rhythmische Übungen mit Hilfsmitteln wie z.B. Koordinationsleitern, Erlernen neuer Sportarten wie z.B. Tennis oder Karate oder Lernen neuer Bewegungsfolgen beim Tanzen. Dadurch lässt sich übrigens auch das Sturzrisiko im Alltag reduzieren.
Was der Silver Athlete außerdem beachten sollte
Erholungsmanagement: Regenerationsphasen gewinnen an Bedeutung. Schlaf, Ernährung und aktive Erholungsmethoden (leichtes Auslaufen, Schwimmen, Radfahren in Niedrigintensität, Entspannungstechniken) sollten fester Bestandteil der Trainingsplanung sein. Regelmäßige Check-ups: Sportmedizinischer Check-ups helfen, individuelle gesundheitliche Risiken zu erkennen und gezielt zu adressieren.